„Regierungskrise – wie weiter mit der Linken?“

Ralf Jürgens

Offener Brief an die Mitglieder der SPD in Stadt und Kreis Hildesheim

Hallo liebe Mitglieder von der SPD!

Beim Freitags-LINKENTREFF in Hildesheim diskutieren wir – Menschen in und bei der Partei DIE LINKE. Ich umreisse  einmal einige Gesichtspunkte des letzten Gesprächsabends:

Wir begrüßen das Platzen von Jamaika. Wir lehnen eine Neuauflage der großen Koalition SPD/CDU/CSU ab. Wir halten auch nichts von Kenia. Wir plädieren für eine starke politische Opposition der sozialen und demokratischen Solidarität. Wir plädieren für ein Bündnis gegen Rechts.

Mit einer Minderheitsregierung ist es aus unserer Sicht am ehesten möglich, grundrechtliche demokratische und humanistische Fortschritte und soziale Inhalte im Bundestag zu Mehrheiten zu bringen. Es wäre vermutlich endlich - zumindest punktuell - die Stunde des Parlaments – wie es nun hier und da genannt wird und nicht der Regierung. Beispielsweise ist die Abschaffung des nationalsozialistischen § 219 c des Strafgesetzbuches, der die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch durch Ärzte unter Strafe stellt, mit einer Mehrheit bei Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang möglich.

Wir befürworten ein Linksbündnis in der Opposition, um die gesellschaftliche Kraft gemeinsam aufzubauen und zu entwickeln, die in der Lage sein kann, eine soziale und politische Reform dieser kapitalistischen Gesellschaftsordnung grundlegend anzugehen. Darunter fallen natürlich so wichtige Fragen wie Zurückdrängen der dramatischen politischen Rechtsentwicklung Deutschlands, das Streiten für ein soziales und bürgerrechtsstarkes Europa mit starker Bedeutung der Regionen und Kommunen. Darunter fällt die Verhinderung der Aufrüstung und der Kriegsvorbereitung und das Verbot des Waffenexports, der Rückzug der Bundeswehr aus den Auslands- und Kriegseinsätzen, die Lösung grundlegender sozialer Fragen. Wir erwarten die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 € pro Stunde, die Einführung der solidarischen Bürgerversicherung, dass das Rentenniveau angehoben wird und Kinder- und Altersarmut der Boden entzogen wird. Endlich muss der Pflegenotstand und die Personalnot im Gesundheitswesen behoben werden. Wir erwarten, dass eine Umverteilung des völlig ungerecht verteilten gesellschaftlichen Reichtums hin zu den arbeitenden Klassen stattfindet, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird. Hartz IV-Gesetze müssen abgeschafft werden. Wir benötigen eine solidarische Grundsicherung, die ein Leben ohne Not sicher stellt.

Die SPD wird für eine „Soziale Wende“ in Deutschland gebraucht. Da wird die SPD in Regierungsverantwortung unter bürgerlicher Oberhoheit nichts bewirken können. Weder mit der CDU/CSU noch in Schwarz.Rot.Grün.

Wir sehen die Gefahr, am Ende als die Partei DIE LINKE. allein dazustehen, wenn es um die parteipolitische Vertretung der sozialen Interessen der Werk- und Dienstleistungstätigen, der Arbeiter_Innen, Angestellten, Beamten und Bauern, der Rentnerinnen und Rentner, Kinder, Schüler, Studenten, Alleinerziehenden, der Leiharbeiter_Innen, der befristet Beschäftigten, der Werkvertragsarbeiter_Innen, der prekären Beschäftigten und prekären Selbstständigen geht. Immer weniger sind bereit, freiwillig in den Krieg zu ziehen, schon dehnt die Bundeswehr ihr Anwerben auf Kinder aus, um den wachsenden Personalmangel der Aufrüstungsarmee überhaupt stillen zu können. Das kann und soll doch alles nicht sein. In der großen Koalition wird die SPD sich selbst aufgeben und weiter abstürzen. Das wäre vermutlich auch bei Kenia so. Denn die in Farben umgesetzten Wahlprozente sind anders aufgeteilt als auf der Flagge Kenias. Den Absturz zeigen die letzten Jahre und das letzte Bundestagswahlergebnis deutlich. Das zeigt aber auch das aktuelle Glyphosat-Gate und andere Provokationen.

Wir rufen alle Mitglieder der SPD auf, auf dem Parteitag an der Mitgliederbefragung festzuhalten und in der Mitgliederbefragung für den Weg der SPD in die gesellschaftliche Opposition im Bundestag zu stimmen. Auch Bernd Westphal als Gewerkschafter möchten wir bitten, sein Eintreten für eine Große Koalition zu überdenken und sich für die nachhaltige Vertretung von allen Arbeitnehmern, auch den in Leiharbeit, Werkvertragsarbeit und absoluter Prekarität und Unplanbarkeit des Lebens Gedrängten, zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Jürgens, Mitglied des Kreisvorstands DIE LINKE.Hildesheim

Hildesheim, den 6.12.2017