Nein zur Kreisfusion!
Die Kreisverbände der Partei DIE LINKE. Peine und Hildesheim sprechen sich in einer gemeinsamen Erklärung einmütig gegen eine Fusion der beiden Landkreise aus.
Die Fusion zieht zwangsläufig einen direkten Demokratieabbau nach sich, da die Stimmen der Wählerinnen und Wähler, etwa bei Kommunalwahlen zum Kreistag oder bei der Wahl der Landrätinnen bzw. der Landräte entwertet werden. Jede Stimme hat nach der Fusion weniger Gewicht, da weniger Personen von mehr Wählern gewählt werden sollen. Die Entfremdung und Anonymisierung in dem neuen Konstrukt wird zunehmen, so dass eine weiter sinkende Wahlbeteiligung schon jetzt absehbar ist. Die allgemeine Enttäuschung darüber, obwohl das Problem hausgemacht ist, ist bei einer Fusion ebenfalls schon jetzt vorauszusehen und wird, wie bei wie nach jeder (Kommunal)-Wahl, nichts Grundlegendes daran ändern.
Die Entfernungen in einem fusionierten Landkreis werden für die meisten Menschen größer. Ersten Planungen zufolge soll Hildesheim zum Kreissitz werden - nicht gerade eine Aufmunterung für die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Peine, ihren Kreissitz aufzugeben. Doch die Bevölkerung wird gar nicht erst nicht befragt. Ein Bürgerentscheid ist schon deshalb nicht geplant, weil die Fusionisten und Zentralisierer befürchten müssen, dass die Wählerinnen und Wähler einer Fusion nicht zustimmen. Diese soll lieber auf kaltem Wege von oben herab durchgedrückt werden. Reichten den Befürwortern der Fusion hierfür lediglich die Beschlüsse der Kreistage, mit deren absehbar knapper Rot-Grüner Mehrheit, und ein Gesetz Niedersächsischen Landtages, wenn überhaupt, ebenfalls mit knapper Mehrheit beschlossen.
Für einige Verwunderung sorgt auch, dass nach bisherigen Planungen der neue Landrat noch mehr Macht bekommen und ganz nebenbei in eine höhere Besoldungsgruppe aufsteigen soll.
Das Albers-Gutachten zur Fusion benennt jedoch keine politischen und sozialen Entwicklungsziele zum Beispiel im Bereich Gesundheitsversorgung, Kurkliniken und Krankenhäuser, Bildungswesen, Entwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs und erst recht nicht im Bereich Arbeit, Beschäftigung und Wirtschaft. Es geht lediglich um Rationalisierung der Kreisverwaltung. Ziel ist es offenbar, Einsparungen in der öffentlichen Daseinsfürsorge vor allem durch Personalabbau zu erreichen und uns diese Maßnahmen als Steigerung der Effizienz bzw. "Verschlankung" der Verwaltung zu verkaufen.
Von wegen "Mehr Bürgernähe"! - "Mehr Bürgerferne" wird das Ergebnis sein. Dafür sorgt das geplante Eindampfen der repräsentativen Demokratie. Hier führen die Fusionsbefürworter beispielsweise das Argument einer besseren Auslastung des Fachpersonals im Bereich des Veterinärwesens ins Feld. Diese ließe sich auch durch Kooperationsvereinbarungen von benachbarten Kreisen mit entsprechenden fachlichen Schwerpunkten erreichen. Ein Ausbau von Kooperationen mit Nachbarkreisen und benachbarten kreisfreien Städten ist nämlich jederzeit möglich, ohne dass es hierzu gleich einer Fusion bedarf.
Eine Fusion der Landkreise ist für DIE LINKE auch unter finanziellen Aspekten nach wie vor der falsche Weg. Denn für die aktuelle finanzielle Lage sind nicht die Kommunen verantwortlich, sondern die Verteilung der Steuermittel zwischen Bund, Land und Kommunen. Das Problem der notorisch unterfinanzierten Kommunen ist nicht über Fusionen zu lösen. Aus zwei Blinden wird nicht plötzlich ein Sehender. Daher fordern wir einen Rettungsschirm für unsere Kommunen, statt für Banken. Die Bundesregierung muss die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kommunen auch in der Lage sind, ihr Grundrecht auf kommunale Selbstverwaltung und die vielfältigen Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge wahrzunehmen. Die Landräte sollten hierzu eine politische Initiative gegen die unsoziale Steuerpolitik der Bundesregierung initiieren und vor dem Bundeskanzleramt für eine gerechte Steuerverteilung demonstrieren.
Der von den Fusionsbefürwortern beschworene Handlungsdruck durch die Abnahme der Bevölkerung ist vor allem durch Abwanderung der Jugend und von Arbeitssuchenden verursacht, die in den beiden Landkreisen keine Perspektive mehr haben. Besonders junge Leute wandern auf der Suche nach Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven in andere Regionen ab. Eine Fusion wird an der Abwanderung nichts ändern. Abwanderung ist kein Naturgesetz, sondern wird durch die unannehmbaren gesellschaftlichen Verhältnisse erzeugt. Schwache wirtschaftliche Grundlagen, fehlende Aktivitäten und Alternativen führen zu Arbeitslosigkeit, dramatischem Bevölkerungsrückgang und Überalterung. Um hier eine Umkehr zu erreichen, ist eine nachhaltige Schaffung von qualifizierten Ausbildungsmöglichkeiten und von qualifizierter Arbeit besonders in den ländlichen Regionen aber auch in den schrumpfenden Städten erforderlich. Statt den Landtag mit der unsinnigen Fusion der beiden Landkreise zu beschäftigen, sollten die beiden Kreistage lieber Programme zur nachwirkenden Förderung von Ausbildung und Beschäftigung sowie eine Strukturpolitik, die regionale Wirtschaftskreisläufe fördert, von der Landesregierung einfordern. Nur so können "gleichwertige Lebensverhältnisse" mit einer erweiterten demokratischen Mitbestimmung und Teilhabe verbunden werden.
Öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge müssen verbessert werden wie die medizinische Versorgung, die kulturellen Angebote und die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Eine Fusion muss eben mehr sein, als eine reine Verwaltungsreform.
Deshalb Stopp des Fusionsprozesses sofort! - Keine Fusion ohne Bürgerentscheid.